Wie können Organisatoren Inklusion für unterschiedliche Teilnehmergruppen von Veranstaltungen sicherstellen

15.01.2021

Ein spannendes Thema haben Teilnehmer des Kurses „Nachhaltiges Management von Veranstaltungen“ im Lernmodul von Dezember angesprochen, u.zw. wie können Organisatoren Inklusion für unterschiedliche Teilnehmergruppen sicherstellen. Dank der Expertin Natalja Borissenko-Klepatsch, Cheflektorin der Fakultät für internationale Beziehungen BSU, die sich mit dem Thema Inklusion im Bereich Tourismus und Veranstaltungen befasst, konnten die Kursteilnehmer das Thema der Barrierefreiheit bei Veranstaltungen im Detail besprechen.

Menschen mit besonderen Bedürfnissen

Das Konzept einer inklusiven und barrierefreien Veranstaltung setzt voraus, dass sich Menschen mit besonderen Bedürfnissen unter uns befinden, die zusätzliche Bemühungen seitens der Organisatoren benötigen, um ihre Rechte und Teilnahme in allen Lebensbereichen in vollem Maße umsetzen zu können. Menschen mit Behinderungen, Eltern mit Kleinkindern, ältere Leute, Teilnehmer, die die Sprache des Veranstaltungslandes nicht beherrschen, Schwangere, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen wie Fraktur oder Ernährungseinschränkungen — im Tourismus gehören sogar Reisende mit viel Gepäck zu dieser Kategorie. Grundsätzlich kann jeder von uns in einem bestimmten Lebensabschnitt ein Mensch mit besonderen Bedürfnissen werden. Alle Teilnehmer sind unterschiedlich, und die Organisatoren müssen ihre Bedürfnisse im Voraus durchdenken und berücksichtigen. Diese Aufgabe beinhaltet ein breites Spektrum von Aktivitäten, angefangen von der Vorbereitung des Anmeldeformulars bis zur Anpassung des Veranstaltungsraums.

Laut statistischen Daten leben in Belarus über 500.000 Menschen mit Behinderungen (ca. 6% der Bevölkerung) und über 2 Mio. Einwohner über 60 Jahre alt. D.h. auch wenn nur diese Zielgruppen betrachtet werden, so benötigt bereits ein Drittel der Bevölkerung Barrierefreiheit. Dieser Begriff setzt sich aus einigen Bestandteilen zusammen, hier beispielsweise die Definition des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die 2016 von Belarus ratifiziert wurde:

Zugänglichkeit (Art. 9, Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen)

Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs für Menschen mit Behinderungen:

  • zur physischen Umwelt,
  • zu Transportmitteln,
  • Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und –systemen,
  • sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden

Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport

(Art. 30, Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen)

Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen

  • zur Teilnahme an allgemeinen Sportunternehmen in allen Ebenen anzureizen;
  • Zugang zu kulturellen Aktivitäten in zugänglichen Formaten zu gewähren;
  • Zugang zu sportlichen, freiheitsorientierten und touristischen Orten zu gewähren.

Die grundsätzliche Empfehlung der Praktiker für die Planung von Veranstaltungen ist, dass man sich die Ausgangssituation am geplanten Veranstaltungsort ansieht. Man könnte den Raum besichtigen und aufgrund der Normen der Barrierefreiheit nach möglichen Engpässen suchen. Als zweites sollte man bestimmen, was mit den verfügbaren Ressourcen verändert werden kann. Eventuell werden da provisorische Lösungen zur Hilfe kommen wie z.B. eine gemietete Rollstuhlrampe oder Einrichtung eines speziellen Bodenbelags. Wichtig ist, sich von Spezialisten beraten zu lassen, Mitarbeiter öffentlicher Organisationen, die mit Menschen mit Behinderungen zu tun haben, finden bestimmt mehr Besonderheiten der Infrastruktur.

Interaktive Events mit aktiver Involvierung der Teilnehmer werden eine noch ausführlichere Planung, mehr Personal und ehrenamtliche Helfer benötigen. Möglicherweise wird eine spezielle Einweisung bzw. Schulung dafür erforderlich. Falls es um eine offene Veranstaltung geht für alle Willigen, d.h. mit Beteiligung mehrerer Zielgruppen, wird die Aufgabe schwieriger.

Zugangsbedürftige Zonen

  • Parkplatz - Bedienungsstationen (Kassenschalter, Speisepunkte, Infoschalter)
  • Verkehrswege - WCs
  • Eingänge - Bühne
  • Innenräume
  • Zuschauerplätze

Wichtig ist, Ihre potentiellen Teilnehmer von den Barrierefreiheitselementen zu informieren, welche Sie bieten. Aufgrund dieser Informationen kann der Teilnehmer mit besonderen Bedürfnissen entscheiden, ob es sich lohnt, Sie zu besuchen. Oft vergessen die Veranstalter von guten Events mit einer gut organisierten Barrierefreiheit und Infrastruktur, ihre Benutzer davon zu benachrichtigen.

Für alle Teilnehmer muss eine übersichtliche Navigation vor Ort (Wegweiser, Karten, Pläne usw.) vorhanden sein, die die Orientierung erleichtert, klar, gut sichtbar und kontrastreich gestaltet ist. Die Formen der Bereitstellung von Informationen, zum Beispiel, für Menschen mit Seh- oder Gehörschwierigkeiten, sind auch von Bedeutung.

Den Kernpunkt der Organisation bilden die Fragen der Sicherheit. Aus der Erfahrung des Referenten vergessen die Veranstalter oft von der Sicherheit, auch wenn Mobilität gut durchdacht ist. Bequeme Fluchtwege, beispielsweise, für ältere Leute oder Rollstuhlfahrer, die es nicht schaffen, zusammen mit anderen Teilnehmern den Notausgang schnell zu erreichen, muss man bis ins Kleinste durchdenken und eine entsprechende Schulung in Notsituationen für Freiwillige organisieren.

Es ist wichtig, dass Mitarbeiter und freiwillige Helfer in der Veranstaltung bereit sind, mit allen Teilnehmerkategorien zusammenzuwirken, und Bescheid darüber wissen, wo sich z.B. spezielle Plätze oder separate Ausgänge usw. befinden. Gerade Freiwillige sind diejenigen, die Probleme durch Verständnislücken bei organisatorischen Fragen nivellieren können. Jedoch können freiwillig Engagierte nicht richtig kommunizieren, z.B. bei Menschen mit Behinderungen, kann es zu beleidigenden Situationen oder falscher Informierung kommen. Um Missverständnisse, Wissenslücken in Fragen, wie man sich verhält und einem in einer schwierigen Situation zur Hilfe kommt, zu vermeiden, ist wichtig, die Teammitglieder in Grundformen der Kommunikation mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu schulen.

Die Seminarteilnehmer haben bei der Diskussion Bedürfnisse der drei Teilnehmerkategorien definiert. Für ältere Leute sind klare Navigation, zusätzliche Sicherheit, medizinische Betreuung, gesundheitsbezogene Ernährung, technische Hilfe, Großdruck in den Unterlagen und Tonbegleitung wichtig. Für Menschen mit Behinderungen sind es zugängliche Infrastruktur, z. B. breite Türen, Aufzüge, WCs usw. für Rollstuhlfahrer, angepasste Prospekte (Großdruck, Blindenschrift, leichte Sprache, Kontrastfarben), ggf. Sicherheit und Betreuung. Die Bedürfnisse der Familien mit Kleinkindern beinhalten Wickeltische, kinderwagengerechte Infrastruktur, Raum zum Stillen, Kinder-WC, einen sicheren Spielplatz, Betreuer- bzw. Babysitterbereitstellung auf Anfrage der Teilnehmer, magenschonende Kost, Armbänder für Kinder mit den Kontaktdaten der Eltern.

Wir haben unsere Partner, Spezialisten des Sozialverbandes „Belarussische Assoziation der Hilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen“ um Expertenhilfe angesprochen. Sie versorgten uns mit den Regeln zur Vorbereitung von Treffen und Konferenzen mit Einsatz leichter SpracheIn dieser Hinsicht können auch die in den aktuellen Unterlagen unserer Webseite veröffentlichten methodischen Empfehlungen „Leichte Sprache“ von Nutzen sein. „Tipps zur lese- und verständnisgerechten Gestaltung von Informationen“.

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