Die Abschlusskonferenz des Projekts "Kapazitätsaufbau für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft in den Regionen von Belarus" fand statt

16.10.2020

Was können die Triebkräfte für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft in Belarus sein, gibt es regionale Besonderheiten von Kreislaufwirtschaftsmodellen und warum ist Recycling eine Garantie für das finanzielle Wohlergehen von Unternehmen?

Diese Fragen wurden von Vertretern wissenschaftlicher Einrichtungen, staatlicher Behörden, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen aus Belarus und Deutschland auf der Abschlusskonferenz des Projekts "Kapazitätsaufbau für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft in den Regionen von Belarus" beantwortet, die in der Internationalen Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ Minsk stattgefunden hat.

Das Prinzip „Extraktion-Verwertung-Entsorgung“ (extract-use-dump) funktioniert nicht mehr.

Die traditionelle oder lineare Wirtschaft gehört allmählich der Vergangenheit an. Der Übergang zu einer alternativen Kreislaufwirtschaft wird in vielen Ländern zu einer Entwicklungsstrategie. Belarus steht noch ganz am Anfang des Weges zur Einführung einiger Elemente der Kreislaufwirtschaft. Deshalb ist die internationale Erfahrung für unser Land so wichtig.

Die Bewertung von Stärken und Schwächen der derzeitigen belarussischen Wirtschaft und deren Vergleich mit den Chancen und Risiken der Kreislaufwirtschaft wurde unter anderem durch das Projekt "Kapazitätsaufbau für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft in den Regionen von Belarus" ermöglicht. Auf der Grundlage der Forschungen deutscher und belarussischer Expertinnen und Experten wurden Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft in unserem Land entwickelt, die laut Julija Medwedewa, Direktorin des Wissenschafts- und Forschungsinstituts des Wirtschaftsministeriums, einer der Schlüsselbereiche für die Entwicklung der belarussischen Wirtschaft, "die Hauptlinie für die nächsten 10 Jahre" ist.

Wie Astrid Sahm, Geschäftsführerin des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks in Dortmund während der Konferenz bemerkte, erhielt das Thema Kreislaufwirtschaft in der COVID 19-Ära einen neuen Impuls. “Auf dem Höhepunkt der ersten Pandemiewelle, als viele Volkswirtschaften der Welt vorübergehend stillstanden, wurde die Abhängigkeit von globalen Lieferketten und die daraus resultierende Bedeutung der Umstellung auf regionale, lokale, geschlossene Produktionskreisläufe in den Wirtschaftsmodellen besonders deutlich", so Astrid Sahm. Die globalen Herausforderungen - Klimawandel, Verknappung der natürlichen Ressourcen - sind jedoch nicht verschwunden.

Ziel des Projekts ist es auch, zu zeigen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sich die Kreislaufwirtschaft in einem Land erfolgreich entwickeln kann.

– "Schließlich handelt es sich um einen komplexen Prozess: Ein geschlossener Kreislauf kann nicht allein durch technologische Ansätze geschaffen werden. Wir brauchen einen völlig neuen Mechanismus der Beziehungen zwischen staatlichen Strukturen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft als Vertreterin der Verbraucher. Die Kreislaufwirtschaft erfordert neue Verwaltungsansätze, Motivation und ein neues Managementsystem", erklärte Astrid Sahm.

Das Hauptziel des Projekts ist es, Belarus konkrete Schritte zum Aufbau von Kapazitäten für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft anzubieten. Laut Aleksandra Kurilowitsch, Koordinatorin der Repräsentanz des IBB-Dortmund in Belarus, wurde eine wissenschaftliche Analyse und Identifizierung von Möglichkeiten zur Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom konstanten Verbrauch von Primärressourcen und Materialien innerhalb geschlossener Ketten mit Schwerpunkt auf regionaler Strategieplanung durchgeführt.

- Da das Thema der Kreislaufwirtschaft an sich schon komplex ist, ist die Förderung eines sektorübergreifenden Ansatzes ein wichtiger Bestandteil des Projekts", sagte Aleksandra Kurilowitsch.

Die Erarbeitung konkreter Empfehlungen und die Möglichkeit, diese in der Praxis anzuwenden, ist ebenfalls ein wesentlicher Beitrag des Projekts. Insbesondere hat man das Transformationspotenzial der Unternehmen in den Regionen Brest und Mogiljow für die Umsetzung eines kreislaufwirtschaftlichen Modells analysiert, die Verfügbarkeit von biologischen Rohstoffen für die belarussische Verpackungsindustrie untersucht und Empfehlungen für die Berücksichtigung von kreislaufwirtschaftlichen Aspekten im Textilsektor geprüft.

 - Diese beiden Regionen wurden als Pilotgebiete ausgewählt. Und die im Rahmen des Projekts entwickelten Produkte sind von grundlegender Bedeutung im Hinblick auf die Gestaltung der Kreislaufwirtschaft als einer der Entwicklungsvektoren von Belarus", betonte Dmitrij Karpijewitsch, Koordinator der Repräsentanz des IBB-Dortmund in Belarus.

 Schwerpunkt auf den Regionen

Gleichzeitig sollten bei der Einführung eines Geschäftsmodells für den geschlossenen Kreislauf die Besonderheiten der Region berücksichtigt werden. Schließlich sind die Produktion, die Lieferketten und die Beziehungen zwischen den Unternehmen und der Regierung in beiden Regionen unterschiedlich. Am effektivsten ist das Modell jedoch, wenn alle diese Faktoren berücksichtigt werden, meint Aleksandr Tschubrik, Direktor des IPM-Forschungszentrums.

Wie die Aussichten für die Einführung einer Kreislaufwirtschaft in Belarus aussehen könnten, erörteten die Konferenzteilnehmer am Beispiel von zwei Pilotregionen des Projekts – Brest und Mogiljjow. Und während für die Region Mogiljjow nur ein Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft ausgearbeitet wird, ist für die Region Brest bereits ein Regionalprogramm für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft für 2021-2025 in Vorbereitung. Es enthält viele Punkte und Sektoren, aber angesichts der großen Bedeutung der Lebensmittelindustrie in der Region Brest wurde ausgerechnet dieser Sektor als Pilotbereich ausgewählt. Auch verwandte Bereiche wie die Landwirtschaft und die Verpackungsindustrie werden im Rahmen des sektoralen Ansatzes berücksichtigt. Das Programm enthält verschiedene Instrumente, sowohl sektorale als auch sektorübergreifende. Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, dass diese Instrumente die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion über die Produktnutzung bis hin zur Abfallwirtschaft abdecken.

 - „Zu den möglichen Schritten gehören die Erstellung von Abfallstatistiken, die Ausarbeitung von Anforderungen an das Produktdesign und die Unterstützung industrieller Symbiosen", erklärte Alexander Schuschkewitsch, leitender Forscher der Abteilung für Naturmanagement und Entwicklung der „grünen“ Wirtschaft des Wissenschafts- und Forschungsinstituts des Wirtschaftsministeriums, während er das Programm vorstellte.

Einer der Vorteile, den die Expertinnen und Experten für die Region Mogiljow feststellten, ist die Integrierung von Themen der Kreislaufwirtschaft in die Lehrpläne von Bildungseinrichtungen, was eine wichtige Rolle bei der Ausbildung und dem Aufbau von Fachwissen spielt.

Die im Rahmen des Projekts von Expertinnen und Experten des BEROC-Zentrums für Wirtschaftsforschung durchgeführte Analyse des Transformationspotenzials von Unternehmen in den Regionen Brest und Mogiljow für die Einführung eines Kreislaufmodells hat gezeigt, wie bereit die Wirtschaftseinheiten für den Übergang zu einem solchen Geschäftsmodell sind. Die wichtigsten Punkte der Umfrage betrafen das Verständnis für das Konzept der Kreislaufwirtschaft und die Bedeutung von innovativen und ökologischen Komponenten. Es stellte sich heraus, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen die Kreislaufwirtschaft im Allgemeinen noch nicht kennen. Dennoch beginnen einige Unternehmen, die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, indem sie sich beispielsweise auf eine ressourceneffiziente Produktion konzentrieren. Daher ist es notwendig, weiterhin Fachwissen aufzubauen, das sich an andere Akteure richtet, insbesondere auf regionaler Ebene.

Was verhindert den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft?

Was sind die wichtigsten und häufigsten Hindernisse bei der Umsetzung eines kreislaufwirtschaftlichen Geschäftsmodells?

Das Haupthindernis ist der Mangel an finanziellen Mitteln - über 80 % der Befragten sagen dies. An zweiter Stelle stehen der Mangel an für Unternehmen geeigneter Technologie sowie der Mangel an Informationen und Praxisbeispielen zur Umsetzung von Kreislaufwirtschaftskonzepten, erklärt Nadeschda Batowa, Expertin des BEROC-Zentrums für Wirtschaftsforschung.

Gleichzeitig gaben etwa 40 % der Befragten an, dass das Fehlen einer einheitlichen elektronischen Datenbank über die Verfügbarkeit von Abfällen und Sekundärrohstoffen einen groß angelegten Übergang zur Kreislaufwirtschaft behindert. Im Bereich der Abfallwirtschaft sieht die Mehrheit das größte Potenzial für die Umstellung ihres Unternehmens auf einen geschlossenen Kreislauf.

- Nicht Abfälle entsorgen, sondern daraus eigene Produkte herstellen. So sollen beispielsweise bis 2030 alle Verpackungen in den europäischen Ländern recycelbar sein", sagt Henning Wilts, Leiter der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Ein geschlossener Kreislauf verringert die Notwendigkeit, neue Rohstoffe zu kaufen, was dem Unternehmen erhebliche finanzielle Mittel spart.

Das Konzept der Kreislaufwirtschaft bezieht sich natürlich auf den gesamten Lebenszyklus von Produkten, Komponenten und Materialien. Dennoch spielt die Abfallwirtschaft hier eine zentrale Rolle, denn in einer Kreislaufwirtschaft soll Abfall vermieden werden. Wenn Abfälle unvermeidlich sind, müssen sie in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden.

Textilien und Verpackungen – wo soll man anfangen?

Die Unternehmen sind an der Wiederverwertung ihrer Abfälle interessiert, aber es gibt oft keine Alternativen, insbesondere im Verpackungssektor. Produktionsunternehmen stehen oft vor dem Problem, dass sie ihre Abfälle auf Deponien vergraben müssen, da es entweder keine oder nur wenige Anlagen für die Verarbeitung bestimmter Abfallarten gibt, so Jewgenij Lobanow, Direktor des Zentrums für Ökologische Lösungen.

In Belarus fehlt es an neuen Recyclingtechnologien. Der Mangel an Recyclingmöglichkeiten wird als ein großes Risiko für die erfolgreiche Umsetzung der Kreislaufwirtschaft angesehen. Jewgenij nannte als Beispiel biologisch abbaubare Verpackungen. Abgesehen von den wirtschaftlichen Aspekten der Umsetzung ist die Einrichtung eines Recyclingsystems für biologisch abbaubare Verpackungen derzeit und in naher Zukunft nicht erkennbar. Wie bei vielen anderen Abfallarten sind für die Sammlung und Kompostierung von biologisch abbaubaren Verpackungen getrennte Behälter sowie besondere Bedingungen auf Deponien erforderlich.

Jewgenij Lobanow lenkte die Aufmerksamkeit auf einen anderen Sektor, und zwar den Textilsektor. Der durch Modetrends bedingte rasche Anstieg des Verbrauchs hat die Textilindustrie in eine führende Position gebracht. Aber Kleidung und sonstige Textilerzeugnisse werden aus verschiedenen Gründen oft recht schnell zu Abfall. Jedoch sind nicht alle Länder auf einen kompetenten Umgang mit dieser Art von Abfällen vorbereitet, und Belarus ist da keine Ausnahme.

Die Kreislaufwirtschaft könnte eine Lösung sein, meint der Experte. Da finanzielle Zwänge eine rasche Einführung effizienter Technologien nicht zulassen, ist es von entscheidender Bedeutung, mit der Abfallvermeidung im Produktlebenszyklus zu beginnen und das Verbrauchsmuster durch die Förderung von Abfallvermeidungspraktiken zu ändern. Auf diese Weise könnten Elemente einer Kreislaufwirtschaft auch ohne große Investitionskosten umgesetzt werden.

Auskunft des Portals „Sawtra twojej strany”

Die Hauptpartner des Projekts "Kapazitätsaufbau für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft in den Regionen von Belarus" sind von deutscher Seite das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund und seine Repräsentanz in Belarus sowie das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Die Partner von belarussischer Seite sind das Wissenschafts- und Forschungsinstitut des Wirtschaftsministeriums der Republik Belarus, das BEROC-Zentrum für Wirtschaftsforschung, das Zentrum für Ökologische Lösungen und das Zentrum für ressourceneffiziente und saubere Produktion.

Jelena Wachromejewa, Sawtra twojej strany.

Quelle: https://zautra.by/news/ekonomika-zamknutogo-tcikla-pochemu-tak-vazhen-fokus-na-regiony

Teilen:
×
Gelieve dit veld in te vullen